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DER KONRAD-ZUSE-SCHULE

Zwischen Mövengeschrei und dem Heulen von Kreissägen - Vier Azubis aus Hünfeld in der Region Landerneau im Tischlerpraktikum

  • Erstellt von Nils Küster

Hünfeld/Landerneau, 10.06.2024. Europa mal ganz konkret: Vier Tischler-Auszubildende der Konrad-Zuse-Schule befinden sich derzeit für ein vierwöchiges Praktikum in Hünfelds Partnerstadt Landerneau und Umgebung. Sie arbeiten in unterschiedlichen Tischlereien mit ganz unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten. Allen gemeinsam ist die Liebe zum Holz und die Begeisterung für die Begegnung mit Tischler-Kollegen an den Küsten der Bretagne. Ein erstes Fazit: Die Arbeit mit dem Werkstoff Holz ist in Vielem altbekannt-vertraut und mitunter faszinierend anders. Neben der Arbeit gibt es Kultur und Begegnung mit anderen Auszubildenden und den betreuenden Lehrern der Partnerberufsschule Saint Joseph.

Zwei Auszubildende wussten schon von Anfang an, wohin die Reise gehen sollte: Zur Werft für historischen Segelschiffsbau „Chantier du Guip“ in Brest. Direkt an der Hafenmole – eingerahmt von der historischen Festungsanlage der Hafeneinfahrt und einem Wald aus Segelmasten ist der Arbeitsplatz von Leni Otterbein und Tim Döppner. Leni steht vor einem in die Jahre gekommenen acht Meter langem Jollenkreuzer (Segelyacht für das Freizeitsegeln) und stellt routiniert an ihrer Werkbank die handbetriebene Oberfräse zur Seite. „Ich trage meinen Teil dazu bei, dass die Inneneinrichtung der Kajüte wieder tippi-toppi wird!“

Die junge Frau blickt auf ihre Werkbank und stellt fest: „Wir haben hier die gleichen Werkzeuge und Maschinen, wie bei uns Zuhause im Betrieb auch. Für Beschläge und Einsetzteile mache ich am Werkstück die Profilkanten und Fräslöcher.“ Mit einem Grinsen im Gesicht fügt sie hinzu: „Einen Unterschied gibt es – wenn der Segler dann wieder im Wasser ist, schwimmt mein eingebautes Möbel vom Winde getrieben auf dem Atlantik davon“.

Den Wind des nahen Atlantiks hat ihr Azubi-Kollege Tim jederzeit im Nacken. Er zieht einen Handwagen bis oben gefüllt mit Werkzeug zum historischen Segel-Fischkutter „Notre-Dame de Rumengol“. Der 25 Meter lange Zwei-Mast-Segler, eine klassische „Gabre“, steht aufgebockt auf der Hafenmole im improvisierten Trockendock. Hier ist richtige Kraftarbeit gefordert: Morsche Schiffsplanken werden entnommen und schrittweise durch neue ersetzt. Mit viel Muskelkraft und kräftigen Hammerschlägen werden die neuen, vorgebogenen Planken an die zugedachte Position „gewuppt“ und an die Spannten geschraubt. Tim dazu: „Auch wenn meine Französisch-Kenntnisse nicht die Besten sind, verstehen wir uns doch blendend. Ich sehe was zu tun ist, ahne es voraus, bringe mich ein – und am Ende passt die Planke – das verbindet!“

Eine ganz andere maritime Tradition wird in der Schreinerei Paul Champs gepflegt: Aus Aluminium werden Leichtbauspinde für U-Boote geformt. Diese werden mit Folien und Belagstoffen versehen. Auf der Werkbank von Anna Kemp liegen dann auch immer wieder zu beschichtende Flachpressplatten für Kreuzfahrtschiffe. „Das ist natürlich etwas vollkommen Neues für mich“, sagt die taffe Frau. „Hier wird weniger mit Vollholz als bei uns in Fulda gearbeitet – aber am Ende zählt das perfekte Ergebnis!“ Und wie klappt es mit der Verständigung? Die Frau im Arbeitsoutfit dazu: „Ohne Französisch läuft hier natürlich nichts. Aber mittlerweile kommen Kollegen zu mir und ich darf ihnen erklären, wie man hier etwas machen muss. Na, wenn das kein Kompliment für gute Verständigung ist!“

Kein Meeresplätschern, kein Mövengeschrei im Dorf Landivisiau, 25 Kilometer von Landerneau entfernt. Aber auch hier heulen Kreissägen und Fräsmaschinen auf. In der Schreinerei „Menuiserie Clement“ hat man sich auf Treppen, Küchen und den Innenausbau spezialisiert. Hier unterstützt Rosa Farnung den Chef und zwei weitere Mitarbeiter. „Ich bin hier weniger Azubi, sondern sehe mich als Teil des Teams“, sagt Rosa. Ich bekomme einen Auftrag und gehe dann zum Kunden und baue das Teil dort ein“, erzählt sie voller Stolz. „Ich mache die Arbeitsvorbereitung, wähle das Material aus, plane wie ich das Holz optimal einsetze – so wie neulich bei einem Teil der Treppenbrüstung / -geländer in einem Privathaushalt. Am Ende freue ich mich, wenn der Kunde zufrieden ist“, so die 18-jährige.

Die Arbeit in den Betrieben ist aber nicht alles, was die Azubis erleben dürfen. Die betreuenden Kollegen der Berufsschule Saint Joseph laden zu gemeinsamen Ausflügen in die Region und zu Veranstaltungen in der Schule ein. Auf einem gemeinsamen Kennenlern-Abend feierten auch Erasmus-Austauschschüler aus Spanien mit. Vier junge Informatik-Auszubildende aus Colmear Vejo, 40 Kilometer nördlich von Madrid, sind zur gleichen Zeit in Landerneau. Mit einem Lächeln im Gesicht heißt es gemeinsam: So bunt, so vielfältig ist Europa!

Auszubildende und Lehrer am Lycée Saint Joseph von rechts: Luc Benabaheramane, Marie-Anne Balkon, Leni Otterbein, Rosa Farnung, Anna Kemp, Caroline LeBrass, Schulleiter Philippe Gouiou, Tim Döppner, Arnaud Martin und Nils Küster - Fotos: Nils Küster
Hünfelder Zeitung vom 14.06.2024, Seite 14
Amtsblatt der Stadt Hünfeld vom 15.06.2024